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Zoé und die Zahnputzreise

In drei Minuten um die Welt.

Psst! Kannst Du mich hören? (Zahnputzgeschichte)

Ja, genau Dich meine ich. So ganz unter uns: hast Du hin und wieder auch keine Lust darauf, Deine Zähne zu putzen? Vor allem nicht drei laaangweilige Minuten lang? Fragst Du Dich manchmal insgeheim, ob es Bakterien, Karies und Löcher im Zahn wirklich gibt?

Dann möchte ich Dir gerne jemanden vorstellen: Ihre Haare stehen wild und widerspenstig von ihrem Kopf ab. Sie ist von Kopf bis Fuß rosa und hat den längsten Hals, den Du jemals gesehen hast. Wenn sie nicht gerade Minze nascht, flitzt sie hin und her und im Kreis herum – vor allem morgens und abends macht ihr das am meisten Spaß. Nichts liebt sie so sehr wie Kinder und Sauberkeit. Das ist Zoé. Zoé, Mir-macht-so-schnell-keiner-was-vor Zahnbürste.

Hast Du Lust auf ein kleines Abenteuer? Dann komm mit Zoé auf Zahnputzreise!

Auf die Zähne, fertig, losgeputzt! (Zahnputzgeschichte))

(Zahnputzgeschichte)

Mit Speck fängt man …

 

Ausgelassen legt Zoé los. Abends konzentriert sie sich besonders gut, um nur ja keine Stelle im Mund zu übersehen und alle Zähne blitzeblank ins Traumland zu entlassen. Munter fegt sie also über die Kauflächen, sodass die Zahnpasta nur so schäumt. Aber halt, was ist das denn? Hinten rechts am Backenzahn hat die kleine Zahnbürste jemanden entdeckt, der hier ganz bestimmt nichts zu suchen hat. Entschlossen schrubbt sie auf den Eindringling zu.

„Mit Verlaub, wer bist Du denn?“„Darling, wellkommen. Wellkommen zu meine bescheidene Hütte“, schallt es Zoé entgegen. „Ick bin Bruce, Bruce Brush. Sorry, aber das mackt mick really traurig, wenn Du nickt erkännst mick!“

Natürlich, jetzt fällt es Zoé wie Borsten von den Augen. Bruce ist ein wahrer Superstar unter den Bakterien in Toothywood. Er ist Amerikaner und das erklärt auch, warum er so spricht als hätte er eine riesige Kartoffel verschluckt. Aber wie hat es Bruce hierher auf Zoés Zähne verschlagen? Und noch viel wichtiger, was führt er im Schilde? Das muss Zoé schleunigst herausfinden.

Lächelnd beruhigt sie ihn: „Ja klar, Bruce. Wie unaufmerksam von mir. Was verschafft uns die Ehre Deines Besuches?“ Das lässt sich Bruce nicht zweimal fragen. Lässig streicht er sein für Bakterien auffällig glänzendes Haar zurück und schaut dann etwas herablassend über den Rand seiner Sonnenbrille zu Zoé hinüber: „American Frühstück, Darling. American Frühstück. Spiegelei und Speck und Bruce is back.“

Soso, Bruce hat sich also gemeinsam mit dem Frühstück Zugang zu den nichtsahnenden Kinderzähnen verschafft. (Zahnputzgeschichte)

Listig fragt Zoé die berühmte Bakterie weiter aus: „Aber sag mal Bruce, wirst Du nicht dringend in Toothywood gebraucht? Laufen da nicht gerade die Dreharbeiten für einen Film mit der berühmten Zilly Zahn?“ „Well, no. Ick nähme ein Auszeit. Darling, mein Anwäsen brauckt wirklig eine neue Pool. Ein bisschen swimming und nichts-doing. Bruce ist sick das wärd.“

Erst jetzt bemerkt Zoé den feinen Baustellenzaun hinter Bruce. Und sind das etwa winzige Bagger, die da über die Backenzähne heranrollen? Bruce meint es also ernst mit der Grube für seinen neuen Pool. Entschlossen wackelt Zoé mit ihrem Bürstenkopf. Auf keinen Fall wird sie es zulassen, dass jemand ein Loch in einen der Zähne gräbt, deren Pflege sie sich mit Haut und Borsten verschrieben hat. Berühmtheit hin oder her. (Zahnputzgeschichte)

Um echten Schaden zu vermeiden, hilft bekanntlich ja nur eines: Gründlich schrubben. Und das macht Zoé jetzt auch. Kampflustig zieht sie sich ihre Schutzbrille auf die Nase und mit einem lauten „Aaangriff“ wirbelt sie Bruce entgegen. (Zahnputzgeschichte)

„Aber Zoé, Darling. Du wirst dock nickt … well, ick kann dir dock …“ Fassungslos sieht Bakterie Bruce die rosa Zahnbürste auf sich zu rasen. Aber bevor er weiter nach Ausflüchten suchen kann, ist er auch schon in einem dichten Schaumnebel verschwunden. Als sich der Sprühregen lichtet, bleibt nichts weiter zurück als ein blitzblanker Zahn. (Zahnputzgeschichte)


)(Zahnputzgeschichte)
Die süßeste Versuchung

 

Gut gemacht, Zoé. Zufrieden schaut sie sich um, als ihr jemand höflich auf die Schulter tippt. „Mon Dieu, was für eine Durcheinander. Fast isch wäre ausgerutscht auf diese glitschigö … wie sagt man … die Schaum.“ Bewundernd starrt Zoé die zierliche, ganz in Schwarztöne gekleidete Dame an, die da auf einmal vor ihr steht. Feine Diamanten funkeln an ihren Ohren und um ihr Handgelenk. Auch wenn ihre Kleidung auf den ersten Blick schlicht wirkt, strahlt doch alles an dieser Dame Klasse aus.

„Pardon, wie unöflich von mir. Isch abe misch gar nischt vorgästellt. Sophie du Sucre, meine Liebe.“ Langsam löst sich die kleine Zahnbürste wieder aus ihrer ehrfürchtigen Erstarrung und während sie nach Sophies dargebotener Hand greift, rasen ihre Gedanken. Du Sucre, also Zucker auf Französisch? Das kann nichts Gutes bedeuten. Zoé beschließt auf der Hut zu bleiben und mustert ihr elegantes Gegenüber unauffällig. (Zahnputzgeschichte)

„Sophie, sie sehen …äh … tres chic aus. Was für bezaubernde Schuhe sie da tragen. Ist es schwierig mit solch hohen Absätzen zu laufen?“„Ma cherie, wo dönkst du hin? Isch bin wie geboren in diese Stiefäll. Aber désolée, ein bisschen geht kaputt die Boden, wenn ich promeniere mit meine ochackige Schuh.“

Jetzt muss Zoé nicht mehr länger überlegen. Blitzartig wird ihr klar, was ihr schon auf den ersten Blick nicht an Sophie gefallen hat. (Zahnputzgeschichte)

Mit jedem Schritt der Französin steigt die Gefahr, dass die spitzen Absätze ihrer Stiefel bleibende Löcher in den Zahnoberflächen hinterlassen. Bestimmt gab es heute Vormittag wieder knuspriges Baguette und Mini-Käse in der Brotzeitbox. Und Weintrauben. So eine strahlend schöne Bakterie hat sich bestimmt in einer süßen Weintraube versteckt. Denn für Zoé besteht kein Zweifel mehr, dass es sich auch bei Sophie du Sucre um eine Bakterie handelt. Eine zwar außergewöhnlich attraktive, aber trotzdem sehr gefährliche Bakterie. 

Zoé muss schleunigst etwas unternehmen. Unauffällig schüttelt sie ihre wilde Borstenmähne, sodass sich eine feine Schicht Zahnpasta um sie herum ausbreitet. Immer größer wird der schaumige Fleck und als Sophie den nächsten ihrer Trippelschritte macht, rutscht sie auf der spitzen Kante des nächstgelegenen Schneidezahnes aus. (Zahnputzgeschichte)

„Ohlala, was ischt das? Abär, abär Zoé, meine übsche Zoé …“ Doch da hilft auch alles Schmeicheln nichts mehr. „Isch liebe dosch deine schöne Rosaaa …“, hallt es noch nach als Sophie in einer großen Welle Schaum auf nimmer Wiedersehen in den Abfluss entschwebt. (Zahnputzgeschichte)


 

Klein, aber oho

 

„Die wären wir los“, murmelt Zoé zufrieden und macht sich weiter auf ihre Runde durch den Kindermund. Nach den Kauflächen geht es jetzt frischen Mutes an die Zahnaußenflächen. Mit kleinen Kreisen dreht sich die Zahnbürste wie eine ausgelassene Ballerina von Zahn zu Zahn als sie fast über ein kleines Reiskorn stolpert, das sich da zwischen zwei Zähnen verhakt hat. Zwei elegante Schwünge mit Zoés Köpfchen und das Überbleibsel des heutigen Mittagessens wird davon gefegt. Doch warum bleibt Zoé dennoch wie angewurzelt stehen? Sind das etwa zwei große Augen, die sie da frech aus der Dunkelheit anblitzen? 

Neugierig reckt Zoé ihren langen, langen Hals. Jetzt kann sie es deutlich sehen. Da wo gerade noch das Reiskorn war, sitzt ein kleines Mädchen im Pyjama. Seine dunklen Haare sind in zwei hübsche Zöpfe gebunden, die Zehen an den nackten Füßen wackeln vorwitzig. Bei Zoés Anblick springt das Mädchen jedoch geschickt auf und nimmt eine kämpferische Haltung ein. „Komm mil nix zu nahe“, sagt sie selbstbewusst. Auf den zweiten Blick sieht Zoé, dass der weiße Pyjama des Mädchens vorne von einem schwarzen Gürtel zusammengehalten wird. Moment, weißer Anzug, schwarzer Gürtel? Herrje, Zoé. Das ist kein Pyjama, sondern viel mehr ein Anzug, wie ihn zum Beispiel Karatekämpfer tragen. Karate ist eine asiatische Kampfsportart, bei der es gut trainierten Sportlern sogar gelingt, Holzbretter mit der bloßen Hand durchzuschlagen. Was hat eine solche Kämpferin bloß hier im Mund verloren? Hat das Mädchen etwa einen Angriff auf die Kinderzähne geplant? Um das herauszufinden, braucht Zoé einen bakteriensicheren Plan. (Zahnputzgeschichte)

Entschlossen geht sie einen Schritt auf das Mädchen zu. „Hallo, ich bin Zoé. Hast Du Dich verlaufen?“ (Zahnputzgeschichte)

„Abel nein, ik bin hiel zu üben. Ist viel Platz und Luhe. Kann ik gut maken meine Schläge und Tlitte.“ Zufrieden zeigt das Mädchen auf die strahlend weißen Zähne, die sich links und rechts von ihr erstrecken. Unberührt liegen sie da und wissen nichts von der drohenden Gefahr. (Zahnputzgeschichte)

„Aber das geht doch nicht,“ platzt es aufgeregt aus Zoé heraus. Sollte die kleine Kämpferin diesen Mund tatsächlich zu ihrem Übungsplatz erklären, würden die Zähne bestimmt Schaden nehmen.

„Warum du nix wollen, dass ik maken das? Ik sein Wang, gloße Königin von Kalate. Ik bessel als alle stalke Mann, ik sogal stälkel als Pippi Langstlump.“ Wie zur Bestätigung fuchtelt Wang mit ihrer ausgestreckten Hand wild unter Zoés Nase rum. Da muss Zoé trotz der angespannten Lage grinsen. Vielleicht ist das Mädchen gar nicht so übel und lässt mit sich reden. (Zahnputzgeschichte)

„Weißt Du Wang, diese wunderschönen Zähne gehören einem Kind, das sehr gut auf sie achtgibt. Wenn du möchtest, bringe ich dich auf meiner weichen Bürste ganz schnell und bequem zu einem anderen Übungsplatz.“ (Zahnputzgeschichte)

Wang legt den Kopf schief und überlegt lange. Dann springt sie mit einer eleganten Drehung auf Zoé zu und bevor Zoé auch nur einmal „Wang“ sagen kann, sitzt diese schon auf dem Bürstenkopf. „Abel nul, weil du es bist,“ sagt sie gnädig und lässt sich dann gut gelaunt von der Zahnbürste aus dem Mund begleiten. Draußen angekommen hält sie sich fest die Nase zu, ruft noch „Auf zu neuen Abenteueln!“ und springt dann jauchzend in den sprudelnden Wasserstrahl, der gerade aus dem Hahn kommt. (Zahnputzgeschichte)(Zahnputzgeschichte)


 
Doppelt hält besser?

 

Zoé winkt ihr erleichtert nach und macht sich gleich wieder an die Arbeit. Ihre Drei-Minuten Schicht ist fast zu Ende und die Zahn-Innenflächen wollen auch noch geputzt werden. (Zahnputzgeschichte)

Doch es dauert nicht lange, da wird Zoés Konzentration erneut gestört. „Verschrubbt und zugepastat. Was ist denn nun schon wieder“, schimpft sie, als ein lautes Motorenknattern an ihr Ohr dringt. Begleitet wird das Knattern noch von einem tiefen Brummen. Nein, Moment. Das ist kein Brummen, da singt jemand. Etwas schief zwar, aber dafür umso innbrünstiger klingt ein tiefes „Oooo soleeee mioooo“ zu ihr herüber. Jetzt siegt die Neugierde doch über ihre Verärgerung und Zoé putzt eilig um den nächsten Eckzahn. Dort angekommen sieht sie aber erstmal nichts, rein gar nichts. Außer dichte Rauchschwaden, die ihr schmutzig entgegenwabern. Die kleine Zahnbürste hustet entrüstet und ruft in den sich lichtenden Rauch: „Verzeihung, aber das ist eine abgasfreie Zone. Wären sie so freundlich, den Motor auszuschalten?“ (Zahnputzgeschichte)

„Dinolino, machste du aus die Motor? Ich nix verstehen die bella signorina.“ „Aber Dario, haben wir keine Zeite. Müssen wir pronto brausen zu die Aperitivo. Sonste wir bekommen Ärger mit die Mama.“

„Fratello mio, musste du die Zeit nehme und immer freundlich sein zu die wundervolle Frauengeschöpfe auf die ganze Erde, hate die Mama gesagt.“ „Ähm“, räuspert sich Zoé entschieden, „wenn das wundervolle Frauengeschöpf mal kurz unterbrechen dürfte?“ (Zahnputzgeschichte)

Überrascht beenden die beiden Jugendlichen ihre kleine Auseinandersetzung und drehen sich zu Zoé um. Die tritt verlegen von einer Borste auf die andere – wie Dino und Dario mit ihren dunklen Locken und großen, braunen Augen da so lässig auf ihrem Motorroller sitzen, sehen sie schon ein bisschen zum Verlieben aus. (Zahnputzgeschichte)

Wäre da nicht die klebrige Erdbeereisspur, die sich nun deutlich hinter dem roten Flitzer abzeichnet, könnte Zoé glatt vergessen, mit wem sie es hier zu tun hat. Vor lauter Aufregung beginnt ihre Batterie leise zu vibrieren. Das müssen die Dolori Brüder sein, das berühmt-berüchtigte Bakterien-Duo aus Italien, das immer dann auftritt, wenn es nachmittags ganz besonders leckere Eiscreme gab. Und tatsächlich, mit einer angedeuteten Verbeugung wendet sich der ältere der beiden Motorradfahrer an die Zahnbürste: „Cara mia, Dino und Dario Dolori, stets zu deine Dienste.“ Charmant zaubert er eine duftende Blume hinter seinem Rücken hervor und hält sie Zoé unter die Nase. (Zahnputzgeschichte)

„Hahahatschiii!“, macht die nur und setzt dabei eine fluffige Schaumwolke frei, die verdächtig nahe an die beiden Jungen heranschwebt. So melodisch deren italienischer Nachname auch klingt, so steht er doch für „Autsch!“ oder besser gesagt „Schmerzen“ und die möchte wirklich kein Kind haben. Kein bisschen mehr verliebt und mit großem Nachdruck stellt Zoé deshalb fest: „Blumen, Motoroller-Casanovas und sämtliche Spuren von Zucker sowie Süßholzraspelei sind hier verboten. Und damit basta! Zahnpasta!“

Bei Zoés entschiedenen Worten weicht sämtlich Farbe aus den sonnengebräunten Gesichtern der Brüder. Plötzlich sehen sie gar nicht mehr so selbstsicher aus und wollen nur noch weg. Schnell wie der Blitz starten sie den Motor ihres Gefährtes und rufen ein hastiges „Ciao, ciao, bellissima“ und „Bisse zu die nächste Mal!“ Richtung kleine Zahnbürste. Aber bevor sie mit den fauligen Abgasen ihres Motorrollers noch echten Schaden an den Zähnen anrichten können, hat die Zahnpastaschaumwolke sie schon eingefangen und im Bürstenkopfumdrehen aus dem Mund befördert. (Zahnputzgeschichte)


 

 

Frechheit siegt – nicht immer

 

„Bis zum nächsten Mal, tss – das könnt ihr knicken“, denkt Zoé gerade zufrieden als ihr etwas Grünes, Buschiges genau vor die Füße fällt. Überrascht schaut sie nach oben, legt ihren Kopf weit, weit in den Nacken und da schallt es ihr mit dreifachem Echo entgegen: „Ois k.o., ah na, okay, do untn? Untn? Untn?“

Hängt da oben etwa jemand an einem Zahn? Zoé kneift ihre Augen zu kleinen Schlitzen zusammen und tatsächlich: da hängt ein Mann in voller Klettermontur an einem Seil und scheint auf dem Weg zum Gipfel des linken Schneidezahns zu sein. Und, bei diesem Anblick durchfährt es die kleine Zahnbürste heiß und kalt vor Schreck, an seinen Füßen stecken spitze Steigeisen. Will er damit etwa Löcher in die Oberfläche des Schneidezahns hacken, um beim Klettern besseren Halt zu haben? Was soll Zoé bloß tun?

Da fällt ihr verzweifelter Blick auf das buschige Ding zu ihren Füßen. Erst jetzt erkennt Zoé, dass sie vor einem waschechten Tiroler Hut mit einer großen Feder dran steht. Der muss dem Kletterer beim Aufstieg vom Kopf gerutscht sein. Schnell ruft sie so laut sie kann: „Hallooo, da oben. Ist das ihr Hut?“

Ein Glück, der Mann lässt seine Füße samt Steigeisen in der Luft baumeln und schaut neugierig zu der kleinen Zahnbürste hinunter. „Wos? Mei Huat?“ Irritiert greift er sich an den Kopf. „Jo mei, stimmt. Desholb pfeift ma da Wind so um die Ohrn.“ Ohne zu Zögern lockert der Kletterer eine der Sicherungen an seinem Seil und saust mit einem fröhlichen Jauchzer hinunter zu Zoé. (Zahnputzgeschichte)

„Gestatten, Lochhauser mein Name. Lukas Lochhauser.“

Mit offenem Mund starrt Zoé den drahtigen Naturburschen an, der da so plötzlich vor ihr aufgetaucht ist. Mit Dreitagebart, rot-weiß kariertem Hemd, dunkelbrauner Lederhose und wollweißen Strümpfen bis zu den nackten Knien hoch, gibt er doch ein sehr ungewöhnliches Bild ab. Das ist bestimmt die seltsamste Bakterie, die ich je gesehen habe, denkt Zoé. Denn dass es sich bei dem Neuankömmling um eine Bakterie handelt, spürt die kleine Zahnbürste mit größter Sicherheit bis in all ihre Borstenspitzen. Wer sonst käme auf so eine abscheuliche Idee, den wunderweißen Kinderzähnen mit Steigeisen zu Leibe rücken zu wollen. (Zahnputzgeschichte)

„Hallo, Herr Lochauser, ich …“ (Zahnputzgeschichte)

„Du därfst ruhig Lukas zu mia sagn“, unterbricht Lukas Zoé gleich wieder. An den kernigen Dialekt muss sich Zoé erst noch gewöhnen. (Zahnputzgeschichte)

Etwas irritiert fragt sie: „Also gut, Lukas. Ich hoffe, Du hast eine Klettergenehmigung? Und wo kommst du überhaupt her?“ (Zahnputzgeschichte)

„Na, du stöllst vialleicht Fragn. Von do obn natürlich.“ Stolz, und den ersten Teil ihrer Frage frech ignorierend, zeigt er zu dem Schneidezahn, von dem er sich gerade abgeseilt hat. Die kleine Zahnbürste rollt mit den Augen. Dieser Lukas scheint keineswegs der Schlauste zu sein. „Nicht gerade eben. Ich meine, wo kommst du ursprünglich her? Und was hast Du hier vor?“

Nachdenklich legt sich die sportliche Bakterie die Hand ans Kinn. „Also, heit Fruah hob i no gmüatlich zwischen zwa Schinkenscheibn im Kühlschronk gschlofen, donn hob i a bissl mit meiner Freindin, da Gurkn, plaudert und donn …“ 

Zoé rollt wieder mit den Augen. Diesmal aber vor Ungeduld. Gleich ist die Zahnputzzeit vorbei und nach wie vor ist eine schädliche Bakterie zwischen ihren Zähnen unterwegs. Nicht auszudenken, wenn dieser Lukas heute Nacht doch noch von seinen Steigeisen Gebrauch machen könnte. Bei ihrer Zahnbürstenehre, das kann und wird Zoé nicht zulassen.

Lukas erzählt in der Zwischenzeit unbeirrt weiter: „… donn bin i zam mit am Buttabrot und am Glaserl guate, österreichische Alpenmülch zum Abendessen serviert wordn. Host du di übrigens a scho gfragt warum aus Kühen Mülch und ka Butta kommt?“ (Zahnputzgeschichte)

Zoés Geduld mit Lukas hängt jetzt am zahnseidenen Faden und sie beschließt, kurzen Prozess zu machen. Was in diesem Fall so viel bedeutet, wie den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Unauffällig macht sie einen Schritt zurück, dann noch einen. Da kommt sie auch schon, die große Welle sauberen Wassers, die jedes Mal auf die Sekunde genau nach drei Minuten Schrubben die letzten Schmutzrestchen einsammelt und die Zähne strahlend sauber zurücklässt. Und so surft auch Lukas, ahnungslos weiterplaudernd, auf dieser Welle aus dem Kindermund hinaus und verschwindet schließlich samt Steigeisen in den Tiefen der Kanalisation. (Zahnputzgeschichte)

Pastastisch, das wäre geschafft! Sehr zufrieden blickt sich Zoé noch einmal um und verabschiedet sich dann mit einer leichten Verbeugung von den nun blitzblanken Zähnen. „Bis bald“, ruft sie noch müde, macht es sich auf ihrem Stammplatz zwischen Zahnputzuhr und Zahnpasta gemütlich und lässt ihr schweres Köpfchen auf die bunte Tube neben sich sinken. Eingehüllt von zartem Minzduft schläft sie schließlich ein und träumt von ihren nächsten Abenteuern.


 

Wartet auf Dich auch eine Zoé im Badezimmer? Bist Du schon gespannt, welche Bakterien sich auch auf Deinen Zähnen verstecken? Bestimmt findest Du es beim nächsten Zähneputzen heraus. Viel Spaß auf deiner ganz eigenen Zahnputzreise! (Zahnputzgeschichte)


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